Das J im Demokratie - A-Z gehört der Jugend. So unpolitisch wie oft gesagt sind junge Menschen nicht. Aber sie fühlen sich oft nicht ernst genommen von der Politik, und sie wollen sich dort engagieren, wo sie persönlich betroffen sind. Will man die Jungen mehr an die Urne bringen, braucht es unter anderem bessere politische Bildung.
Nein, die Jugend ist nicht grundsätzlich apolitisch, und sie ist auch nicht grundsätzlich links. Mit diesen beiden Vorurteilen kann man aufräumen. Nach ihren politischen Präferenzen befragt, sehen sich deutlich mehr der jungen Erwachsenen politisch rechts (36%) als links (28%). Und knapp die Hälfte gibt an, politisch interessiert zu sein und sich auch zu engagieren.
Und trotzdem steht es mit der politischen Partizipation der jungen Erwachsenen in der Schweiz nicht zum Besten. In den Abstimmungen der letzten Jahre lag die Stimmbeteiligung der unter 30-Jährigen rund einen Drittel unter der der Gesamtbevölkerung. Die Gründe dafür gemäss Befragung: Weil die Sprache der Politiker zu kompliziert sei, und weil die Jungen oft das Gefühl haben, sie könnten nichts verändern in der Politik. Besonders bedenklich: Die meisten der jungen Erwachsenen fühlen sich von den Politikerinnen und Politikern schlicht nicht ernst genommen.
Persönliche Betroffenheit ist entscheidend
Hier trifft sich das Befragungsergebnis mit der aktuellen Klimastreik-Diskussion: Auch die jungen Klimastreikenden fühlen sich nicht ernst genommen. «Ich mache das, weil ihr Erwachsenen auf unsere Zukunft scheisst», sagt Greta Thunberg, die schwedische Symbolfigur. Es ist kein Zufall, dass gerade der Klimawandel und die Gleichberechtigung die beiden politischen Megathemen bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind; hier fühlen sich die Jungen persönlich betroffen. Während sich ältere Menschen oft grundsätzlich für Politik und deshalb auch für alle möglichen Themen interessieren, wollen sich Junge dort engagieren, wo es sie persönlich betrifft. Deshalb sind sie selektiver in den Themen, selektiver auch bei der Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen.
Will man also, dass sich die jungen Menschen politisch mehr
engagieren und mehr partizipieren, dann muss die Politik: 1. Themen auf die
Agenda setzen, die die Jungen betreffen, 2. die Jungen ernst nehmen, 3. eine
angemessene und einfache Sprache sprechen, und 4. die jungen Menschen dort
abholen, wo sie sind, z.B. in den sozialen Medien. Sehr verdient gemacht hat
sich in dieser Hinsicht Easyvote, ein Programm des Dachverbandes der Schweizer
Jugendparlamente. Mit Broschüren, Clips auf sozialen Netzwerken, einer App, der
Informationsplattform easyvote.ch und der Mitmach-Plattform engage.ch will
Easyvote das politische Interesse stärken und die Stimmbeteiligung der jungen
Erwachsenen erhöhen.
Mehr politische Bildung bitte
Mit
easyvote-School bieten die Jugendparlamente auch ein
Bildungsprojekt an. Das ist zentral, denn um die politische Bildung
steht es hierzulande
nicht zum Besten. In der Vergangenheit schnitt die Schweiz in einem
internationalen Vergleich zur politischen Bildung von Schülerinnen und
Schülern
schlecht ab. Immerhin ist jetzt politische Bildung im neuen Lehrplan 21
verankert, nach Ansicht von Fachleuten ist das aber immer noch zuwenig.
Am effektivsten ist politische Bildung dann, wenn sie praxisorientiert
ist, so wie bei den Gymischülern aus Bülach, die den Zürcher Kantonsrat
gerade kürzlich mit einer Initiative dazu brachten, Jokertage auch an
den Gymnasien einzuführen.
Und was ist mit der Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalters, über die im Zusammenhang mit den Klimastreiks gerade wieder heftig diskutiert wird? Unter dem Stichwort «Junge ernst nehmen» durchaus eine Option, zumal das Stimmvolk wegen der Demografie im Schnitt immer älter wird. Als einziger Kanton der Schweiz kennt Glarus seit 2007 das Stimmrecht ab 16 – und macht damit gute Erfahrungen. Aktuell ist eine breit abgestützte parlamentarische Initiative der grünen Nationalrätin Sibel Arslan hängig, die Stimmrechtsalter 16 auf nationaler Ebene einführen will. Wenn der Vorstoss abgelehnt wird, soll eine Volksinitiative lanciert werden. Umstritten ist allerdings, ob ein tieferes Stimm- und Wahlrechtsalters die Beteiligung der Jungen auch wirklich erhöhen würde.
Die nächste Gelegenheit, den jungen Menschen eine stärkere politische Stimme zu geben, bietet sich im Herbst bei den Wahlen. Denn aktuell sind nur drei Mitglieder des Eidgenössischen Parlaments jünger als 30.
Links:
Eidgenössische Jugendbefragungen (Young Adult Survey Switzerland - YASS)
easyvote Politikmonitor 2018
«Demokratie leben ist eine Kompetenz, die gelernt werden will». Swissinfo, 1. April 2019
Voto-Studien zu den Eidgenössischen Abstimmungen (die
Beteiligung der verschiedenen Altersgruppen ist unter «Tabellen» ersichtlich).